Schattenspringer

Daniela Schreiter – Schattenspringer

Ihr Lieben!
Beim Stöbern durch das Programm der Buchmesse vergangenen Donnerstag fiel mir schnell das Autorengespräch zu einer Graphic Novel auf, welche sich mit dem Dasein als Asperger-Autist beschäftigte. Da mich verschiedene persönliche Kontakte schon mehrfach mit diesem Thema in Verbindung brachten und ich ohnehin einen gewissen innerlichen Drang verspüre, mich damit auseinanderzusetzen, wusste ich, dass ich diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen durfte! 
Ergebnis nach dieser Stunde war ein großartiges Gefühl der Zuneigung und des Verstehens sowie als Kirsche auf dem Sahnehäubchen meines Buchmesseeisbechers: ein Rezensionsexemplar eben jener Graphic Novel. Und da sie seit Dienstag frisch im Handel ist, reiche ich doch heute gleich mal die Besprechung zu diesem Werk nach. Vorhang auf für Daniela Schreiters „Schattenspringer. Wie es ist, anders zu sein.“

„Menschen mit dem Asperger-Syndrom haben öfter das Gefühl, auf dem falschen Planeten gelandet zu sein. Daher trägt diese Autismusform auch manchmal den Spitznamen Wrong-Planet-Syndrom. Das trifft es recht gut. Meistens komme ich mir tatsächlich wie ein extraterrestrischer Besucher vor, der in einer Trial-and-Error-Versuchsreihe probiert auf menschliche Verhaltensweisen zu reagieren.“
Das Gefühl, anders zu sein, kennt sicherlich jeder mal in irgendeiner Art und Weise. In solchen Momenten befindet man sich in einer unangenehmen Umgebung, muss Kontakt mit Menschen aufnehmen, die einfach nicht auf der eigenen Wellenlänge sind oder man ist zu Besuch in einer anderen Kultur. Alles Situationen, aus denen man sich zwar vielleicht mit einem leichten Unbehagen aber dennoch recht einfach wieder herausmanövrieren kann. Zurück zur Familie, zu den Freunden, in den Alltag, das hilft. 
Daniela hingegen lebt dauerhaft in dieser „anderen Welt“. Sie ist Asperger-Autistin und empfindet unsere „normale Welt“ als anstrengend und kompliziert. Durch wahrscheinlich eine genetisch verursachte Entwicklungsstörung haben „Aspies“ meist Probleme mit zum einen der Wahrnehmung (Reize in der Umwelt) und zum anderen mit der sozialen Interaktion. Doch diese Diagnose ist noch selten und wird eher hinter vorgehaltener Hand ausgesprochen: „Sie ist Autistin!“ – „Ach so? Sie wirkt eigentlich normal…“
Über die lange Zeit, in der Daniela durch ihr Leben wandelte, ohne genau zu wissen, warum sie eben doch nicht so „normal“ war wie die anderen, hat die junge Illustratorin nun eine Graphic Novel geschrieben & gezeichnet. Denn Worte allein reichen nicht aus, um uns ihre Welt zu zeigen.
In fünf pointierten und anschaulichen Kapiteln berichtet die Künstlerin zunächst über sich als Autistin allgemein (und räumt hier auch gehörig mit Vorurteilen auf), dann über den Schulalltag, ihr eigene Welt, über das „Geräusch von Chlor“ (ein Kapitel, welches mich besonders berührt hat) und wie man sich Freunde schafft. Man taucht mit ihr in alltägliche Szenen ein und beginnt zu begreifen, dass es auch eine ganz andere Perspektive auf das Leben gibt, als die von uns gewohnte. Der Leser blickt durch Danielas Augen in diese Welt, die so laut und so voller Reize und Einflüsse ist. Er ist mit ihr erschöpft von all den Eindrücken des Tages und kann das Bedürfnis nach Ruhe und Rückzug in die eigene Wohlfühlzone gut nachvollziehen. Zumindest ging es mir so.  
Der Zeichenstil bedient sich dabei einer sehr einfachen Art. Schnörkellos aber keinesfalls lieblos entsteht vor den Augen des Lesers diese „andere Welt“. Ähnlich wie ihre Worte wirken die Bilder direkt, klar und verständlich. Es ist ihre Art zu kommunizieren – ohne mit dem Erklärbären im Arm oder dem Besserwisser-Zeigefinger die ganze Zeit dem „Außenstehenden“ Belehrungen zu erteilen. 
Es ist kein Betroffenheitsgefühl, welches nach dem Lesen bleibt. Es ist ein Gefühl des Verständnisses und der Dankbarkeit. Und der Freude – denn auch der Humor kommt in diesem Comic nicht zu kurz. 
Mein Fazit: Am Ende steht man da und erkennt, dass in dem Satz, den Daniela von einem Freund zitiert, viel Wahres steckt. „Autism: It’s not a bug, it’s a feature.“
Von mir gibt es eindeutig eine Kaufempfehlung für diese Graphic Novel. Die Thematik ist so spannend und gleichzeitig hübsch umgesetzt. Aufklärung und Erklärung ohne Staub und Spinnenweben, ohne Angst und Krankheit – dafür mit Herz, Ehrlichkeit und Spaß. Ich hoffe und wünsche es sowohl Daniela als auch allen Lesern, dass es einen 2. Band geben wird!
Die harten Fakten:
Daniela Schreiter – Schattenspringer. Wie es ist, anders zu sein.
19,99 €
erschienen im Panini Comics Verlag
ISBN: 978-3-86201-950-2

Ich
bedanke mich bei dem Panini Comics Verlag für die kosten-
und bedingungslose Bereitstellung dieses Rezensionsexemplares!

6 Gedanken zu „Daniela Schreiter – Schattenspringer

  1. Goldkind

    Auch wenn ich die Thematik spannend finde – ich glaube der Zeichenstil sagt mir nicht so zu.

    Dafür gefällt mir aber schon, was ich neues hier im Blog sehe. *g*
    Jetzt muss nur der Hintergrund noch ein bischen angepasst werden. ^^

    Antworten
    1. palandurwen Artikelautor

      Ich glaube, der Zeichenstil hat mir bei der Vermittlung der Thematik sogar sehr geholfen – aber das ist einfach Geschmackssache 🙂
      Du kannst es dir ja, wenn du doch nochmal magst in Ruhe anschauen und auch reinlesen. 😉

      Oh und danke – das war eigentlich eher ein Unfall – und es wird noch anders werden. Aber heute nicht mehr ^^;

      Antworten
  2. Pingback: Auf Wiedersehen, Zweitausendvierzehn! | palandurwen.de

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