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Malavita

Tonino Benacquista – Malavita

Ihr Lieben!
Nachdem nun die Masterarbeit abgegeben und der Umzug geschafft ist, habe ich heute endlich mal wieder etwas Ruhe, um mein schon seit einigen Tagen fertig gelesenes Buch für euch zu rezensieren. Es wurde leider einige Zeit sträflich vernachlässigt – aber wenn das echte Leben ruft, muss diesem erstmal gefolgt werden. Jetzt habe ich den Roman jedoch endlich beendet und möchte euch nun Tonino Benacquistas „Malavita“ präsentieren:
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Im Schutz der Dunkelheit nahmen sie das Haus in Besitz. Eine andere Familie hätte in der Situation einen Neubeginn gesehen. Den Start in ein neues Leben in einer neuen Stadt. Den Anbruch eines neuen Tages, des ersten in einem neuen Lebensabschnitt. Kurzum, etwas Außergewöhnliches – nichts, was man in rabenschwarzer Nacht vollbrachte. Die Blakes jedoch zogen ein, wie manch anderer auszieht, wenn er sich vor dem Zahlen der Miete drücken will: bloß keine Aufmerksamkeit erregen. 
Denn das ist die einzige Möglichkeit, wie sich Vater Fred, Mutter Maggie und die beiden Kinder Belle und Warren schützen können – schützen vor ihrem alten Leben, schützen vor den Konsequenzen, die eine Entscheidung des Vaters nach sich ziehen, schützen vor der New Yorker Mafia. In Wahrheit verbirgt sich nämlich hinter dem vermeintlichen amerikanischen Schriftsteller Fred Blake, der ein Buch über die Landung der Alliierten in der Normandie schreibt, einer der großen Bosse der Cosa Nostra namens Giovanni Manzoni, welcher mit seiner Familie im Rahmen des Zeugenschutzprogrammes vom FBI in eine unscheinbare französische Kleinstadt verfrachtet wurden. 
Derart entwurzelt fällt es der Familie nicht leicht, wieder Fuß zu fassen: Maggie versucht als Wohltäterin in der Gemeinde Abbitte zu leisten, ihr Sohn Warren tritt derweil unentdeckt, aber doch erfolgreich in die Fußstapfen des Vaters und wird eine Art Pate auf dem Schulhof. Seine Schwester Belle – eine wahre Schönheit, welche sofort allen den Kopf verdreht – wendet ihre Vorzüge ebenfalls erfolgreich an, um sich zurecht zu finden. Lediglich Fred kann sich mit der Situation, die er ja selbst verschuldet hat, nicht abfinden. Und obwohl drei FBI-Agenten stets bemüht sind, den Ex-Mafia-Boss unter Kontrolle zu halten, gelingt es Giovanni Manzoni doch immer wieder hervorzukommen und Unruhe zu stiften. Dass die Tarnung also nicht lange hält, ist nicht weiter verwunderlich…
Ich habe mich auf diesen Roman sehr gefreut, wurde er doch von Kritikern vollmundig gelobt, als intelligent, witzig, temporeich und voller schwarzem Humor. Klingt wie gemacht für mich – allerdings muss ich ehrlich sagen, habe ich genau diese Attribute irgendwie auf den 304 Seiten nicht wirklich ausfindig machen können. Leider, wie ich finde, verspricht doch der Plot so viel! Denn das muss man dem Buch lassen: Die Figuren sind eigentlich sehr rund und interessant. Gerade Fred, der es nicht einsieht, dass er nicht das Opfer, sondern der Schuldige ist. Es wird viel Input in ihn gelegt – das jedoch meiner Meinung nach noch nicht erschöpfend genutzt wird. Seine psychologische Unausgeglichenheit und sein Sturkopf, die Situation anzunehmen, werden zwar angedeutet, aber es hätte noch viel weitreichender und feiner gezeigt werden können. Da kommt seine Frau Maggie schon wesentlich voller daher. Ihre emotionale Lage wird gut nachvollziehbar gestaltet. Wenn sie nach einer erneuten ärgerlichen Situation eher die Nähe zu den FBI-Agenten im Haus gegenüber sucht, als sich mit ihrem Ehemann auszusprechen, dann zeigt es den in ihr tief gehegten Groll ihrem Mann gegenüber. Ähnlich rund kommt auch der Sohn daher, welcher den Namen Manzoni wieder reinwaschen will und die Fehler seines Vaters wütend betrachtet, aber seinem ehemaligen Glanz einfach nicht widerstehen kann. Etwas blass jedoch bleibt schließlich die Tochter. Ihre innere Situation wird nicht ganz klar, sie bleibt meiner Meinung nach etwas oberflächlich. 
Und dann? Dann plätschert der Roman so vor sich hin. Die Handlung bietet vieles an, das Potential wird jedoch nicht genutzt. Ich musste kein einziges Mal wirklich lachen, ich habe mich durch manche Kapitel regelrecht durchgequält, da ich sie einfach nicht amüsant und auch kein Stück temporeich empfand. Sprachlich ist es okay, aber nicht sonderlich raffiniert. Und leider Gottes trat mal wieder das ein, was ich oft beim Lesen oder Fernsehen habe: Ich wusste am Anfang eines Kapitels schon, was passieren würde. 
Nicht gerade spektakulär, sondern einfach nur irritierend fand ich das Ende. Denn während die zwischendrin eingeschobenen Passagen der von Fred verfassten Memoiren ganz nett sind, ist der scheinbar ebenfalls von ihm verfasste Erinnerungstext des letzten Kapitels einfach nur seltsam, da man nicht weiß, warum er das jemals aufgeschrieben hat. Es ist mir persönlich zu zusammenhangslos. Eine wirklich schöne Entwicklung am Ende ist jedoch die des Sohnes. Das hat mich beim Lesen tatsächlich gefreut.
Mein Fazit: Schlecht ist der Roman nicht. Allerdings muss ich ehrlich sagen, dass ich ihm auch nicht das Prädikat „gut“ oder „amüsant“ geben kann. Bei mir reicht es leider nur zu einem „nett“. Ich bereue es nicht, Benacquistas Werk gelesen zu haben, glaube aber, dass der Roman einiges verschenkt hat. Schade. Vielleicht holt der Kinofilm ja noch ein wenig raus – der läuft seit einigen Wochen bereits und die Besetzung ist eigentlich sehr hochklassig. Mal schauen.
Hier die harten Fakten:
Tonino Benacquista – Malavita.
14,99 Euro
erschienen im carl’s books Verlag
ISBN: 978-3-570-58528-3
Ich bedanke mich an diese Stelle bei der PR-Stelle des carl’s books Verlags für das kosten- und bedingungslose Rezensionsexemplar!

Francoise Dorner – Die letzte Liebe des Monsieur Armand

Ihr Lieben! 
Zum Wochenende gibt es zur Abwechslung mal wieder eine kleine Buchbesprechung. Für den Urlaub hatte ich mir ja einiges zu lesen mitgenommen. Neben dem bereits rezensierten „Metamorphose am Rande des Himmels„, wollte ich auch ein Buch unbedingt haben, welches ich einige Wochen zuvor per Zufall im Buchgeschäft gesehen hatte. Ich ließ es zwar da, weil ich noch genug anderes zu rezensieren hatte, aber so wirklich aus dem Kopf wollte es mir nicht gehen. Also kurz vor knapp nochmal Amazon strapaziert und quasi zwei Tage vor der Angst kam es dann an: Francoise Dorners „Die letzte Liebe des Monsieur Armand“:

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„Im 82er habe ich sie zum ersten Mal gesehen. Sie saß mir, im hinteren Teil des Busses, gegenüber und schaute gedankenverloren zum Fenster hinaus. Sie war nicht wie andere Mädchen ihres Alters. Während ich mich zum Aussteigen bereit machte, erlaubte ich mir einen Blick auf ihren Nacken und sah,daß sich aus ihrem Haarknoten eine kleine Strähne gelöst hatte. Da hielt der Bus mit einem Ruck, und ich wurde gegen einen Mann geschleudert, der mich anblaffte: ‚Passen Sie doch auf!‘ Ich schlug mit dem Kopf gegen die Haltestange, mir entglitt mein Stock, und er fiel dem jungen Mädchen in den dunkelblauen Faltenrock. Als sei nichts dabei, nahm sie ihn einfach, gab ihn mir, und wir stiegen zusammen aus. 
Auf dem Trottoir fragte sie mich: ‚Geht es wieder? Oder soll ich Sie nach Hause bringen?‘ Noch benommen vom Aufprall, wußte ich nichts zu sagen; daß sich jemand um mich kümmerte, war ich nicht mehr gewohnt. (…) Ich nickte dankbar, und wir gingen nebeneinanderher, langsam, nur das Klacken meines Stocks begleitete unsere Schritte. Ich suchte nach Worten, einer unverfänglichen, höflichen Frage, doch fielen mir, aus der Übung geraten, nichts als Floskeln ein.“

Während der Philosoph im Ruhestand Armand sein Leben nur noch zu ertragen scheint, hat das von der jungen Pauline noch gar nicht wirklich angefangen, und doch ähnelt sie dem alten Herrn, den sie zufällig im Bus kennenlernt, erstaunlich stark. Diese Vertrautheit erkennt auch Armand und beschließt, für einen letzten Versuch seine um sich errichtete Höhle aus Selbstschutz, Trauer um seine verstorbene Frau und Frust wegen seiner undankbaren Kinder zu verlassen. Doch Pauline ist noch zu sehr mit ihrer nüchternen und berechnenden Art durchs Leben zu gehen beschäftigt, so dass sie die Gefühle ihrer neuen Bekanntschaft nicht wahrnimmt und ihn damit unbeabsichtigt zutiefst kränkt. Vom Leben in seinen Augen also erneut vor den Kopf gestoßen zieht Armand die einzige für ihn logische Konsequenz: Wenn die Welt ihn nicht mehr braucht, brauch er sie auch nicht mehr! 
Doch sein Selbstmordversuch missglückt und sowohl sein Sohn als auch Pauline beginnen sich ernsthaft Sorgen um den alten Herrn zu machen. Und während Armands leibliches Kind noch im vorwurfsvollen und verständnislosen Grollen erstarrt ist, fasst Pauline den Entschluss, dass dieser Mann der erste Teil ihrer neuen, selbst zusammengestellten Familie werden soll: Sie adoptiert ihn als ihren Großvater. Gemeinsam geht das ungewöhnliche Paar nun einen Weg, den sich beide wohl nie erträumt hatten – zurück ins Leben… 

Natürlich ist es wieder ein moderner, französischer Roman, der mein Herz bewegt hat. In dieser einzigartigen Art und Weise, wie eigentlich fast nur Franzosen schreiben können – so detailliert, so kleinteilig, so berührend, sanft, ohne erdrückend zu sein, mehr ein Streifen, ein beiläufiger Kontakt, der noch lange nachklingt – so schreibt auch die Autorin über diese ungewöhnliche Zusammenkunft. Mal aus der Perspektive des Armands, mal aus der Sicht der Pauline, so dass sich ein interessantes und einfühlsames Puzzel aus deren Beziehung ergibt. Was ihn kränkt, nimmt sie gar nicht wahr; was ihm unangenehm ist, wirkt auf sie normal. Doch nicht nur diese beiden sind gut ausgeformt – jeder Charakter hat so seine Züge bekommen und komplementiert ihre Welt. 
Die Sprache ist typisch französischer Stil, in dem ich mich ja doch immer gerne verliere. Und auch wenn das Ende überraschend kommt und ich mir hier wieder mal verstohlen eine kleine Träne aus dem Augenwinkel wischen musste, denke ich, dass es gut so ist, wie es gekommen ist. 
Mein Fazit: Eine Geschichte, die jenseits von Begierde oder gezwungenen familiären Zusammenhalt von einer Beziehung, ja einer Liebe berichtet, die tiefer geht, als das normale zwischenmenschliche Miteinander. Ein sehr hübscher und lesenswerter Roman, der übrigens auch verfilmt wurde („Mr. Morgan’s Last Love“ – mit Michael Caine!!) und den ich mir sicher anschauen werde.
Die harten Fakten:
Francoise Dorner – Die letzte Liebe des Monsieur Armand.
7,90 €
erschienen im Diogenes Verlag
ISBN: 978-3-257-23903-4

ps.: das ist übrigens mein 400. Post!!! *yay ^^

Metamorphose am Rande des Himmels

Mathias Malzieu – Metamorphose am Rande des Himmels

Ihr Lieben!
Bereits vor Monaten habe ich es im Verlagsprogramm unter den Neuerscheinungen entdeckt und auf den Tag hingefiebert, an dem ich es endlich niegelnagelneu in den Händen halten durfte: das neue Werk von Mathias Malzieu. Erinnert ihr euch? Vor einiger Zeit hatte ich euch doch „Die Mechanik des Herzens“ vorgestellt. Das hier ist der Nachfolger, der sich in keiner Weise verstecken muss! Kommt mit und schaut euch Mathias Malzieus „Metamorphose am Rande des Himmels“ an:
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Ich heiße Tom ‚Häma-Tom‘ Cloudman. Man sagt, ich sei der schlechteste Stuntman aller Zeiten. Ganz falsch ist das nicht. Ich bin außergewöhnlich ungeschickt und laufe ständig überall gegen. Ich beneide die Vögel um ihre Freiheit, vielleicht schaue ich zu oft zu ihnen hoch. Schon damals auf dem Schulhof zog ich Rollschuhe an, um fliegen zu üben und den unerreichbaren Miniaturfrauen einen Kuss zu entlocken. Aber ich flog nicht hoch, sondern immer nur auf die Nase. Allerdings überkam mich beim kleinsten Anzeichen, dass sich ein Publikum für meine Darbietung interessierte, ein ebenso albernes wie grandioses Gefühl der Unbesiegbarkeit. Ich wurde regelrecht süchtig danach (…)
Der Drang, dem Alltag zu entfliehen, wurde mit den Jahren immer stärker. Mein Verstand reagierte wie ein gefühlsempfindlicher Film, der in derselben Sekunde Liebe und Tod empfängt. Ich entwickelte eine regelrechte Normalitätsphobie. (…) 
Ich musste einen Weg finden, ein nützliches Mitglied der Gesellschaft zu werden und meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Warum nicht mit Straßentheater und Bruchlandungen? Geschichten erzählen, Akkordeon spielen, springen, singen, mit etwas Glück fliegen, mit Sicherheit fallen, Kunststücke vorführen. Losziehen. Jetzt gleich. 

Fliegen ist einer der am längsten gehegten Menschheitsträume. Frei sein wie ein Vogel, wie oft hat man diese Zeile bereits gelesen oder gehört. Auch Tom Cloudman geht sie nicht aus dem Kopf. Seit seiner frühesten Kindheit versucht er alles, um es seinen gefiederten Vorbildern gleich zu tun – und scheitert damit stets. Die dafür geerntete Belustigung der Zuschauer ist ihm nur ein kurzer Trost, er hält es nicht aus, ohne den Himmel zu schmecken. Doch irgendwann geschieht es. Ein Unfall, von dem er sich nur schwer erholt und durch den seine unheilbare Krankheit entdeckt wird. Von nun an im kalten sterilen Krankenhaus ans Bett gefesseltzu sein ist für Tom jedoch unerträglich. Er braucht das Fliegen, er muss fliegen. Und so beginnt er nachts heimlich die Kopfkissen der Mitpatienten zu plündern und die erbeuteten Federn zu einem neuen Flügelpaar zusammen zu basteln. Als er jedoch eines Abends auf dem Krankenhausdach landet, trifft er eine geheimnisvolle Frau – halb Vogel, halb Mensch -, die ihm einen großartigen Vorschlag unterbreitet: die Befreiung aus seiner tödlichen Krankheit. Doch dafür muss er bereit sein, sich selbst aufzugeben…
Schon zu Anfang weiß Malzieu den Leser zu fesseln. Er tritt so offen und ehrlich, ungeschönt und dabei so zerbrechlich und klar in die Handlung und Gefühlswelt seiner Protagonisten ein, dass man gar nicht anders kann, als ihnen gebannt zu folgen. In alle Höhen, in alle Abgründe und bis an den Rand des Himmels. Seine Sprache ist dabei so bildreich und poetisch, voller Kraft und Zärtlichkeit – man kann es kaum erklären. Ich konnte den Roman fast nicht aus der Hand legen. Die Handlung ist so anrührend, ohne triefend oder kitschig zu sein. Pure Gefühle jeglicher Art werden sehr geradlinig geschildert. Sei es Toms Überlebenskampf, sei es die Sorge der geheimnisvollen Vogelfrau Endorphina um ihn. 
Selten gibt es Literatur, die so fantasievoll mit der Thematik des Sterbens und des Weiterlebens durch Liebe umgeht. Ich hatte am Ende Tränen in den Augen.
Mein Fazit: Lasst euch von Tom und Endorphina mit bis zum Rand des Himmels und darüber hinaus nehmen. Es wird eine märchenhafte Reise, eine Metamorphose, wie sie es vorher noch nie gegeben hat. 
Die harten Fakten: 
Mathias Malzieu – Metamorphose am Rande des Himmels.
12,99 €
erschienen im carl’s books Verlag
ISBN: 978-3-570-58520-7
Ich
bedanke mich an diese Stelle bei der PR-Stelle des carl’s books
Verlags für das kosten- und bedingungslose Rezensionsexemplar!
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13 aus 13 – September

Ihr Lieben!
Am 13. September habe ich in den Kalender geblinzelt und festgestellt: Oh, ein Freitag der 13. Na gut. Ich bin dennoch ganz tapfer in die Bibliothek gegangen, um weiter an meiner Masterarbeit zu schreiben, in der festen Annahme, wie geplant mit dem Kapitel noch vor dem am darauffolgenden Wochenende anzutretenden Urlaub fertig zu werdem. Aber Pustekuchen. Etwa nach zwei Stunden bekam ich solch unglaublich ätzende und miese Rückenschmerzen, dass ich mich kaum auf dem Stuhl halten konnte. Ergo: Zelte abgebrochen und nach Hause geschleppt. Und nun? Was soll ich denn machen, der 13. sollte doch eigentlich ein schöner Tag werden. Was für mein Projekt festhalten, wenn ich nur am liebsten ins Bett wollte? – Ganz einfach: mich im Bettchen. Obwohl ich das präzisieren muss: Mich, lesend im Bettchen. Denn Gott sei Dank kam am Morgen noch meine einige Tage zuvor getätigte amazon-Bestelltung an, in welcher ich mir u.a. einen lange angehimmelten Schatz selbst geschenkt habe: Das Buch „101 Rassekatzen“ von Rachel Hale. 
Sie ist eine großartige Fotografin und ich liebe ihre Tierbilderbürch sehr! Dieses hier war lange vergriffen und lockte nun für den sagenhaften Preis von 8,99 Euro (ursprünglich mal 25 Euro). Da konnte ich nicht mehr nein sagen. Und Ich bereue es nicht. Das Buch ist ein Traum. Sie hat die Charaktere der Samtpfötchen so zauberhaft eingefangen und dazu in sehr knapper Form alles Wichtige zu den Rassen notiert. Ich brauche auf jeden Fall noch die anderen Bücher von ihr! 
Mich selbst für getane Arbeit zu belohnen, finde ich sehr wichtig. Denn wer, außer mir selbst, gönnt einem denn sowas? Es sind die kleinen Dinge, die einen glücklich machen. Und dieser Bildband wird mich sicherlich noch lange erfreuen und ich werde ihn immer wieder gerne zur Hand nehmen, um darin zu blättern. Ähnlich wie Fotoalben. 
Wenn ihr mal die Gelegenheit habt, ein Buch von ihr zur Hand zu haben, schaut unbedingt mal rein! Es lohnt sich! Und apropos lohnen: Belohnt euch für die Strapazen des Alltags!
Hier nun meine Belohnung: Viel Spaß 🙂

 

Die hohe Kunst des Bankraubs

Christopher Brookmyre – Die hohe Kunst des Bankraubs

Ihr Lieben!
Bei einem kürzlichen Streifzug durch die örtliche Lieblingsbuchhandlung sah ich die eine oder andere Neuerscheinung in Sachen Roman und stellte entzückt fest, dass ich einige der besonders gelobten Titel bereits vorab vom entsprechenden Verlag als Rezensionsexemplar zugeschickt bekommen habe. Welch ein Glück ich doch hatte, war doch u. a. dieses Schmankerl hier dabei, welches ich euch heute vorstellen möchte: Christopher Brookmyres „Die hohe Kunst des Bankraubs“.

Die Show war also nicht mehr aufzuhalten. Einer der Clowns war ein Liliputaner (Michelle fiel die aktuell politisch korrekte Bezeichnung nicht ein, aber in ihrem Zustand musste alles außer ‚Giftzwerg‘ als zuvorkommend höflich gelten), der mit kunstvollen Saltos zwischen zwei anderen in der Truppe hin- und herflog und immer wieder mit dem Fuß in ihren verschränkten Händen landete. (…) 
Katerbedingt misstrauisch ließ sie sich nicht so von dem Schauspiel einlullen wie die anderen Zuschauer und sah, was das Spektakel überspielte: Sie hatten kein Trampolin gebraucht, aber dort stand ein Mann auf der Sicherheitsbarriere. Keine Strumpfmasken weit und breit, aber doch standen da fünf Vermummte in der Bank. Zwar hatte keiner eine Waffe gezogen, aber die Kunden hatten trotzdem schon die Hände oben. 
Unwillkürlich sprach die diese Erkenntnis laut aus: ‚Das ist ein Überfall.“ 
Der Clown, der Michelle am nächsten stand, tippte sich mit einem Finger im Gummihandschuh an die Nase, um ihr zu bedeuten, dass sie richtig geraten hatte. Dann hob er dramarisch beide Hände und brüllte: „Alakazammy, stairheid rammy!“
Angelique de Xavia ist nicht sonderlich begeistert davon, als sie an ihrem freien Tag von ihrer vermeintlich geheimen Freizeitaktivität – Fußballschauen im Stadion – mit einem schicken Dienstwagen abgeholt und zu einem Notfalleinsatz gefahren wird, steckt ihr doch noch das posttraumatische Stresssyndrom des letzten, gerade so erfolgreich verhinderten Terroranschlags in den Knochen. Und nun das: eine Geiselnahme in einer Bank? Was soll das? Will der Einsatzleiter, der sie zuvor bei der obligatorischen Analyse nach dem Einsatz als verantwortungslos und eigenmächtig handelnd beschimpft hat, etwa erneut in eine missliche Lage bringen, damit sie wirklich Mist baut und endlich gefeuert werden kann?
Doch nein, der Grund ist weit pragmatischer – passt die athletische aber zierliche Frau doch einfach nur wesentlich besser durch den Lüftungsschach auf dem Dach als die anderen muskelbepackten Einsatzaffen. Nicht sonderlich begeistert schultert Angelique also den Technikspielkram und bricht heimlich in das umstellte Bankgebäude ein. Doch anstatt nur schnell ihren Job zu erledigen, wird sie von zwei als Clowns maskierten Räubern gestellt. Prima, und das an ihrem 30. Geburtstag. 
Doch die erwartete Anspannung, der Nervenkitzel und die Angst bleiben aus, verhält sich der Anführer der fünfköpfigen Truppe doch eher wie ein Gentleman als wie ein Verbrecher. Leicht verstört bemerkt Angelique, wie die beiden anscheinend miteinander flirten. Reichlich unpassend in dieser Situation. Und die sich aus dieser Begegnung entspinnende Beziehung zwischen den beiden als „reichlich unpassend“ zu bezeichnen wäre noch höflich, besteht doch ein andauerndes Lauern, ein Intressenkonflikt der delikatesten Art. Doch beide können nicht voneinander Abstand halten…
Tja, was soll ich also sagen? Ich bin ein Mensch, der bei TV-Serien oder Filmen immer recht zeitig weiß, wer was war, was und wie passieren wird und somit oft seltener die Überraschung oder die Spannung fühlt, die die anderen erleben. Umso glücklicher bin ich, wenn ein Buch es schafft, mich wirklich hinters Licht zu führen und das hat „Die hohe Kunst des Bankraubs“ geschafft. Sagenhaft gut! 
Die Rollen sind von Anfang an klar: Sie ist die „Gute“, er ist der „Böse“, sie dürfen nicht zusammen kommen, wollen es aber doch. Schön, klassisch, gut. Es gibt also in dieser Hinsicht zunächst kaum Unklarheiten. Allerdings entstehen natürlich zweifelhafte Grenzsituationen, denn wie gut ist eine Polizistin, wenn sie in einer laufenden Ermittlung mit dem flüchtigen Tatverdächtigen einen Drink nimmt? 
Wirklich im Ungewissen bleibt dafür aber die ganze Zeit das Was und das Wie. Eine Illusion jagt die nächste, eine Täuschung ist schöner als die andere und die Auflösungen sind nie fade oder irreal sondern meist so fantastisch einfach und naheliegend, dass man sie einfach übersehen hat. Denn wie Jarry – die Hauptfigur – verrät das Buch stets bereits alles und sagt doch nichts, bis man an die entsprechende Stelle gelangt, wo plötzlich alles einen Sinn ergibt. Großartig!
Auch sprachlich ist das Buch äußerst amüsant. Sieht man über einige derbe Ausdrücke und Szenen hinweg, die dem eigentlichen Metier des Autors geschuldet sind, und überliest man die eine oder andere Anspielung, die wohl nur eingeweihten Schotten etwas sagen, bewegt sich der Roman in einem ansprechenden und witzigen Gefilde, das sich sehr gut in einem Rutsch weglesen lässt. Und bis auf einige seltsame Zwischeneinschübe und dem für mich zunächst noch etwas unverständlichem, langen Vorgeplänkel (welches sich im Nachhinein jedoch als entscheidend herausstellt!), hat das Buch keine Längen und alles löst sich schließlich auf. Fäden, die anfangs verwirrend lose dalagen, werden am Ende alle wieder zusammengeführt, ohne im Friede-Freude-Eierkuchen-Land zu landen.
Mein Fazit: Himmel Herr Gott, kauft euch dieses Buch, leiht es euch aus oder kriegt es irgendwie anderweitig her – aber ich bin der Meinung, es lohnt sich auf jeden Fall! Ich bin lange nicht mehr so schön in die Irre geführt worden. Alakazammy, stairheid rammy!
Die harten Fakten:
Christopher Brookmyre – Die hohe Kunst des Bankraubs
14,99 €
erschienen im Galiani Berlin Verlag 
ISBN: 978-3-86971-077-8
 

Ich
bedanke mich an diese Stelle bei der PR-Stelle des Galiani Berlin Verlags
für das kosten- und bedingungslose Rezensionsexemplar!
Die geheimen Talente des Piet Barrol

Richard Mason – Die geheimen Talente des Piet Barol

Ihr Lieben!
Erneut darf ich mich glücklich schätzen, dass ich die Gelegenheit erhalten habe, wieder mit einem Verlag zusammen zu arbeiten. Dieses Mal fragte C. Bertelsmann bei mir an, ob ich nicht Interesse an zwei ihrer diesjährigen Sommerbücher hätte. Dem war natürlich so und somit kann ich euch nun die Rezension des ersten Romans vorstellen: Richard Masons „Die geheimen Talente der Piet Barol“

„Piet legte den Umschlag mit seinen Referenzen auf einen Tisch, der so zierlich war, dass er unter dieser Last schier zusammenzubrechen drohte. Dann setzte er sich hin, um zu warten. (…) Frau Vermeulen-Sickerts‘ Vorname beschwor Bilder von bärtigen Stammvätern herauf; hoffentlich war sie nicht allzu hässlich. Wie mühevoll, mit einer hässlichen Frau zu flirten. 
Er war angenehm überrascht, als leichte Schritte über die Fliesen hallten und Jacobina erschien. Sie war zwar fast sechsundvierzig, ihre schmale Taille und ihre geschmeidigen Bewegungen aber zeugten nach wie vor von den körperlichen Aktivitäten ihrer Jugend. (…) 
Jacobina griff zu einem extravagant verzierten Telefon und bestellte Erfrischungen. „Und darf ich jetzt bitte Ihre Referenzen sehen?“ Am besten, er brachte es gleich hinter sich. Als er ihr den Umschlag reichte, trafen sich ihre Blicke, und er erkannte, dass der erste Eindruck, den sie von ihm hatte, durchaus vorteilhaft war.“ 
Piet Barol ist ein junger, gutaussehender Mann, den sein bescheidenes Leben bei seinem Vater in der kleinen niederländischen Stadt Leiden unglaublich anödet. Sein Ziel ist es, dem glamourösen Leben seiner französischen Mutter nachzueifern und sein Glück in Amerika zu machen. Mit zahlreichen von seiner Mutter angeeigneten Talenten, die in keinem Lebenslauf stehen können, macht er sich 1907 auf nach Amsterdam, um dort in der wohlhabenden Familie Vermeulen-Sickerts als Hauslehrer den ersten Schritt in diese Richtung zu unternehmen. Dabei lassen ihn seine rasche Auffassungsgabe, sein kluger Verstand und sein Charme schnell erste Erfolge erzielen, die über seine eigentlich nur mittelmäßigen Qualifikationen hinwegtäuschen. Gerade die Hausherrin Jacobina fühlt sich zu dem jungen Mann hingezogen und gerät in tiefe Gewissenskonflikte. Im Gegensatz dazu knüpft Vater Maarten erst langsam Vertrauen zum neuen Hauslehrer seines Sohnes und seine beiden Töchter stehen dem Schönling noch ausnehmend skeptisch gegenüber. Zudem entpuppt sich der zehnjährige Sohn der Familie als wahrhaft schwierig, kämpft er doch jeden Tag gegen innere Dämonen, die keiner seiner Verwandten versteht. Kann Piet ihm helfen und sich somit den erhofften Vorteil verschaffen, um endlich in das gelobte Land Amerika aufbrechen zu können? 
„Die geheimen Talente des Piet Barol“ ist ein Roman, der eine eigenwillige Mischung aus Jane Austen, Hochstaplerkomödie und einer Spur Erotik darstellt. Der Held des Buches ist mir spontan sympatisch gewesen, auch die anderen Figuren, selbst die Gegenspieler, entfalten eine gewisse Anziehungskraft und somit ist grundsätzlich erst einmal eine positive Atmosphäre zu vermerken. Humorvoll und gleichzeitig aber auch einfühlsam berichtet er von den Gewissensbissen der für den jungen Mann entflammten Hausherrin, von den Sorgen und Nöten des Vaters sowie von der bedrückenden Beklemmung des Sohnes, welcher von allen als Versager betrachtet wird, in Wahrheit jedoch einfach nur missverstanden ist. Gerade diese Beziehung zwischen dem kleinen Egbert und Piet hat mich sehr berührt. 
Das Richard Masons Sprachgefühl ist in meinen Augen auch sehr fein und nuanciert. Kaum etwas hat mich daran gestört, die Sätze waren wie aus einem Guss. Lediglich die erotischen Szenen hatten ab und an ein Vokabular, welches ich als nicht ganz rund einstufen würde – es fiel einfach aus dem restlichen Rahmen heraus und manchmal wäre vielleicht eine blümerantere Umschreibung stimmungsvoller gewesen, als es so direkt beim Namen zu nennen.
Mein Fazit: Den Roman ist elegant, sinnlich, amüsant. Man kann ihn getrost zur Hand nehmen, darf aber nicht erschrocken über manch pikante Szene sein. Ich hätte mir persönlich vielleicht ein paar weniger amouröser Abenteuer und dafür noch ein wenig mehr Zwischenmenschliches gewünscht. Vielleicht kommt dies aber im zweiten Teil, denn eine Fortsetzung ist bereits in Arbeit und verspricht spannend zu werden.
Die harten Fakten:
Richard Mason – Die geheimen Talente des Piet Barol
19,99 €
erschienen im C. Bertelsmann Verlag
ISBN: 978-3-570-10136-0
Ich bedanke mich an dieser Stelle beim C. Bertelsmann Verlag für das kosten- und bedingungslose Rezensionsexemplar!
Grrrimm

Karen Duve – Grrrimm

Ihr Lieben!
Im Zuge meiner Masterarbeit beschäftige ich mich ja mal wieder mit einem meiner absoluten Lieblingsthemen überhaupt: Märchen. Oh, was habe ich mich gefreut, dass ich dieses Thema bekommen habe und was freue ich mich noch mehr, dass ich euch somit nun eine spannende Neuinterpretation einiger Klassiker der Gebrüder Grimm vorstellen kann: Karen Duves Grrrimm.

„Es war das erste Mal nach fast drei Jahren, dass ich Rotkäppchen wiedersah. Und dann hatte sie auch noch diesen Köter dabei, den ich zuerst für einen Wolf hielt. Dolle Sache! Der Wolf fletschte die Zähne und fixierte mich, die Ohren leicht gespitzt, als warte er nur darauf, dass ich eine falsche Bewegung machte. Ein tiefes Grollen kam aus seiner Kehle: ‚Grrrrimm.'“ 

Im entlegenen Bergdorf Vifor lebt Elsie, von allen nur spöttisch als Rotkäppchen betitelt, mit ihrer Familie in recht ärmlichen Verhältnissen. Durch den harten Winter waren die Wölfe dieses Jahr bis zu den kleinen Hütten der Bewohner gekommen, hatten die Müllsäcke durchwühlt und die Straßen verwüstet. Um die Gefahr zu bändigen, ziehen einige Männer zur Jagd in den Wald – doch kommen sie nicht alle lebendig wieder. Auch Elsies Vater wurde gebissen und steht nun schwerverletzt an der Klippe zwischen Leben und Tod. Das junge Mädchen soll die im Wald wohnende Großmutter um Hilfe bitten – doch der Weg dahin ist gefährlich und weit und die Schatten, die im Dunkeln lauern, kommen immer näher…

Die Titelgeschichte „Grrrimm“ ist wohl mit Abstand die düsterste und zugleich auch spannendste Geschichte, die Karen Duve in ihrem Buch dem Leser präsentiert. Die vier anderen Märchen können den Leser jedoch ebenfalls bestechen: Mal mit bösem Sarkasmus und schwarzem Humor, wie in „Bruder Lustig“, mal mit erfrischenden Perspektivwechseln und neuen Einfällen, wie in „Zwergenidyll“. Die Autorin lässt den Stoffen wohltuende, neue Einfälle und interessante Ausschmückungen zukommen und verbindet diese durch ein wirklich gutes Sprachgefühl und einer flüssigen Schreibe gekonnt mit dem alten Märchengut. Jede Geschichte ist eine eigene kleine Perle, die absolut lesenswert ist, wenn man Bereitschaft und Offenheit für Neuinterpretationen dieser traditionsreichen Kleinode bekundet. Denn anhand der Tatsache, dass Märchen immer wieder angefasst, umgeschrieben, neu gedeutet werden und als Inspiration dienen, wird deutlich, dass sie einfach zeitlos und wunderbar sind. 
Mein Fazit: Märchenliebhaber können sich an dieser Neuauflage abarbeiten, wohingegen die Leserschaft, die Märchen nur für Kinderkram hält, hier eines Besseren belehrt wird. Denn diese fünf Erzählungen zeigen, welches Potential in den Texten liegt. Lesenswert!
Die harten Fakten:
Karen Duve – Grrrimm
19,99 €
erschienen im Galiani Berlin Verlag
ISBN: 978-3-86971-064-8