Stille.
September ist schon ein paar Tage vorbei und noch immer keine Monatskolumne? Noch immer kein Letztes Wort, über die Dinge, die mich im vergangenen Monat beschäftigt haben? Kein Geschwafel, kein Geblubber? Nein. Denn ich bewahre Stille.
Keine Ruhe, nein. Stille.
Um Ruhe zu bewahren, bin ich viel zu aufgekratzt. Denn in mir kreist immer nur ein Thema, wie ein Raubvogel um seine Beute, bereit hinabzustoßen und sie zu erlegen: die Angst, es nicht zu schaffen. ‚Es‘ ist dabei das leidige Thema Masterarbeit. Vor knapp zwei Jahren hatte ich es zu dieser Zeit bereits hinter mir. Ich hatte drei Monate Zeit, mich in meine Panik hineinzusteigern und dann war es vorbei und ich konnte durchatmen. Heute habe ich drei Monate Panikattaken hinter mir – und es ist noch kein Ende in Sicht. Ich habe gerade mal Halbzeit. Nochmal so viele Wochen, Tage, Stunden, Sekunden, in denen ich mich hineinsteigern kann, mich fertig machen kann, meinen inneren Zweifeln ausgesetzt bin.
Schaffe ich das? Ich schaffe das nie! Ich muss das Schaffen! Schaffe ich das wirklich? Ich schaff das nie! Aber ich muss das schaffen! – So rattert es in meinem Hirn, wie ein Zug auf seinen Gleisen klappern diese Gedanken durch meinen Kopf. Und immer schneller wird die Fahrt. Ich frage mich schon, wann sie entgleist…
Da dieses Thema aber inzwischen jeden – mich eingeschlossen – nervt, wie ich befürchte, versuche ich Stille zu bewahren. Selbst mein Dusterklumpen freut sich nicht mehr, sondern wirkt gelangweilt von diesem Einerlei. Er versucht mich manchmal abzulenken mit Einwürfen wie „Du findest übrigens auch keinen Job!“, doch das versumpft in mir und wird von der anderen Sache überlaufen. Irgendwann werden auch diese Zwischenrufe an die Bewusstseinsoberfläche stoßen und mich einholen – aber noch habe ich genug andere Dinge, die mich plagen …
Mein Dusterklumpen rollt genervt mit den Augen und beginnt Solitaire zu spielen. Das habe ich ihm gestern geschenkt, denn er wird noch drei Monate mit mir in diesem Zustand leben müssen. Und während ich nach außen hin versuche, Stille zu bewahren, kriegt er den inneren Tumult ja hautnah mit. Darum. Ich muss ihn ja ein bisschen bei Laune halten.
