Ihr Lieben!
Nun habe ich einen Sitzplatz ergattert und warte gerade auf die Vorstellung der Graphic Novel „Schattenspringer“ von Daniela Schreiter. Bis dahin hier mal eine kurze Übersicht über die Nominierten für den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik.
Aus über 150 deutschsprachigen Büchern wurden die – laut einer Fachjury – besten fünf Titel und deren Autoren ausgesucht, welche sich insgesamt betrachtet sehr stark mit der Vergangenheit, auch mit der persönlichen Geschichte auseinander setzen. Zwei Titel beschäftigen sich insbesondere mit der Zeit des Nationalsozialismus – allerdings auf eine sehr persönliche Art und Weise. Es wirkt eher wie eine Aufarbeitung der eigenen Geschichten, als wie eine Anklage oder ein Bericht über die Gräueltaten jener Tage. Spannend.
Hier ein paar Infos und Eindrücke.
Fabian Hischmann – Am Ende schmeißen wir mit Gold.
Ich habe den jungen Autor im Gespräch als recht humorvoll und entspannt erlebt. Er sagt selbst über sich, erwidernd auf die Frage der Moderatorin, ob die Hauptfigur Max nicht jener Typ Mensch ist, der ewig 29 Jahre bleibt, dass er selbst ja leider inzwischen doch 30 geworden ist. Das war ein sehr sympathischer Moment. Das Buch handelt insgesamt nach seiner eigenen Einschätzung vor allem davon, am Ende nicht allein zu sein.
Auf den ersten Eindruck klingt es auf jeden Fall ganz nett.
Per Leo – Flut und Boden. Ein Roman einer Familie.
Sein Roman ist zum stark autobiographisch geprägt und ist der erste der beiden Titel, welche sich mit dem Nationalsozialismus auseinander setzen. Für ihn stellt seine – unsere – Perspektive der sogenannten 3. Generation jenen Vorteil dar, dass wir ein ausreichend distanziertes Verhältnis zum NS-Zeitalter haben, dass wir relativ affektfrei darüber reflektieren können. Dadurch zeigt er auf, dass man als heutiger Mensch doch erstaunlich – oder erschreckender Weise – mehr mit dem Nazi-Großvater gemein hat, als man es gerne hätte. Eine interessante Perspektive, aber insgesamt nicht mein Roman, denk ich.
Martin Mosebach – Das Blutbuchenfest.
Die Moderatorin fragt den Autor zu Beginn, ob Frauen nicht doch das tüchtigere Geschlecht seien (seine Protagonistin ist eine aus Bosnien stammende Putzfrau) und setzt noch nach, er müsse jetzt nur mit ‚Ja‘ antworten. Er erwidert: „Na ja, sie stellen sich mir zumindestens so dar.“ Das gab einen netten Einstieg ins Gespräch über seinen Roman, der sich um diese Putzfrau dreht, die eigentlich als individuelle Seele gezeichnet wird, aber ab und an zu einer weltlichen wird und von Dingen berichtet, die sie nicht gesehen haben kann. Der bisher wohl politischste Roman des Autors, laut eigenen Angaben, klingt recht interessant, allerdings erschloss sich mir im Gespräch nicht völlig, woraufhin das Buch hinaus will. Schade.
Katja Petrowskaja – Vielleicht Esther.
Für mich ehrlich gesagt die eindrucksvollste Autorin als Person. Ihr Buch selbst entspricht zwar ebenfalls wieder weniger meinem Beuteschema (die zweite Veröffentlichung, die sich mit der Zeit des Nationalsozialismus beschäftigt, allerdings in Form von einzelnen Geschichten, als eine Spurensuche) – aber sie sagte so wahnsinnig kluge Dinge, dass ich von ihr doch sehr positiv überrascht bin. Das schönste Zitat dabei war wohl jenes: „Geschichte ist, wenn man keinen mehr persönlich fragen kann, sondern nur noch Quellen hat.“ Wenn sie gewinnen würde, fände ich das menschlich sehr schön.
Sasa Stanisic – Vor dem Fest.
Für mich der heißeste Anwerter auf den Preis, da mich dieser Roman wohl am meisten angesprochen hat. der noch recht junge Autor hat hier ein Dorf in der Uckermark selbst erschaffen, mit herrlich skurilen Charakteren, die alle in einer Nacht vor dem Fest noch etwas zuende bringen wollen. Dabei waren ihm nicht nur die Menschen, sondern auch die Geschichten dieses Dorfes, seine Mythologie sehr wichtig, um ein überzeugendes Bild zeichnen zu können. Er selbst stammt aus Bosnien und sagt über die Uckermark, dass diese Landschaft erstaunlicher Weise viel mehr mit seiner Heimat gemein hat, als er erst erwartet hätte. Sehr sympathisch irgendwie. Dieses Buch würde ich wahrscheinlich auch tatsächlich lesen.
Um 16 Uhr wird der Preis verliehen – ich bin schon sehr gespannt, wer ihn bekommen wird 🙂
"virlleicht esther" würde ich mir sogar kaufen, was ich dazu gelesen habe, klingt alles sehr positiv und wenn du jetzt noch schreibst, dass sie so eine sympathische persönlichkeit ist, dann klicke ich es mir mal auf meinen wunschzettel. ^^; schade, dass sie den preis doch nicht bekommen hat.
Ja, naja, die Perspektive, die sie einnimmt in "vielleicht esther" ist zwar ganz nett, aber ehrlich gesagt bin ich froh, dass sie nicht gewonnen hat aus literarischer Sicht. Diese Thematik habe ich für meinen Geschmack einfach einmal zu oft in den letzten Jahren gesehen ^^; Es ist schön, dass in Deutschland auch abseits davon mal wieder etwas seinen Platz findet ^^
Aber wer sich dafür interessiert, macht mit dem Buch sicher nichts falsch, es ist von einer sehr klugen Frau geschrieben worden 🙂
Schön, das dein Favorit gewonnen hat! 😀
*hihi ja, da habe ich (und Nicky sich auch) sehr gefreut. Es war auch echt niedlich, wie er da reagiert hat ^^
Das kommt nochmal in einem extra post ^^