Ihr Lieben!
Bei einem kürzlichen Streifzug durch die örtliche Lieblingsbuchhandlung sah ich die eine oder andere Neuerscheinung in Sachen Roman und stellte entzückt fest, dass ich einige der besonders gelobten Titel bereits vorab vom entsprechenden Verlag als Rezensionsexemplar zugeschickt bekommen habe. Welch ein Glück ich doch hatte, war doch u. a. dieses Schmankerl hier dabei, welches ich euch heute vorstellen möchte: Christopher Brookmyres „Die hohe Kunst des Bankraubs“.
Die Show war also nicht mehr aufzuhalten. Einer der Clowns war ein Liliputaner (Michelle fiel die aktuell politisch korrekte Bezeichnung nicht ein, aber in ihrem Zustand musste alles außer ‚Giftzwerg‘ als zuvorkommend höflich gelten), der mit kunstvollen Saltos zwischen zwei anderen in der Truppe hin- und herflog und immer wieder mit dem Fuß in ihren verschränkten Händen landete. (…)
Katerbedingt misstrauisch ließ sie sich nicht so von dem Schauspiel einlullen wie die anderen Zuschauer und sah, was das Spektakel überspielte: Sie hatten kein Trampolin gebraucht, aber dort stand ein Mann auf der Sicherheitsbarriere. Keine Strumpfmasken weit und breit, aber doch standen da fünf Vermummte in der Bank. Zwar hatte keiner eine Waffe gezogen, aber die Kunden hatten trotzdem schon die Hände oben.
Unwillkürlich sprach die diese Erkenntnis laut aus: ‚Das ist ein Überfall.“
Der Clown, der Michelle am nächsten stand, tippte sich mit einem Finger im Gummihandschuh an die Nase, um ihr zu bedeuten, dass sie richtig geraten hatte. Dann hob er dramarisch beide Hände und brüllte: „Alakazammy, stairheid rammy!“
Angelique de Xavia ist nicht sonderlich begeistert davon, als sie an ihrem freien Tag von ihrer vermeintlich geheimen Freizeitaktivität – Fußballschauen im Stadion – mit einem schicken Dienstwagen abgeholt und zu einem Notfalleinsatz gefahren wird, steckt ihr doch noch das posttraumatische Stresssyndrom des letzten, gerade so erfolgreich verhinderten Terroranschlags in den Knochen. Und nun das: eine Geiselnahme in einer Bank? Was soll das? Will der Einsatzleiter, der sie zuvor bei der obligatorischen Analyse nach dem Einsatz als verantwortungslos und eigenmächtig handelnd beschimpft hat, etwa erneut in eine missliche Lage bringen, damit sie wirklich Mist baut und endlich gefeuert werden kann?
Doch nein, der Grund ist weit pragmatischer – passt die athletische aber zierliche Frau doch einfach nur wesentlich besser durch den Lüftungsschach auf dem Dach als die anderen muskelbepackten Einsatzaffen. Nicht sonderlich begeistert schultert Angelique also den Technikspielkram und bricht heimlich in das umstellte Bankgebäude ein. Doch anstatt nur schnell ihren Job zu erledigen, wird sie von zwei als Clowns maskierten Räubern gestellt. Prima, und das an ihrem 30. Geburtstag.
Doch die erwartete Anspannung, der Nervenkitzel und die Angst bleiben aus, verhält sich der Anführer der fünfköpfigen Truppe doch eher wie ein Gentleman als wie ein Verbrecher. Leicht verstört bemerkt Angelique, wie die beiden anscheinend miteinander flirten. Reichlich unpassend in dieser Situation. Und die sich aus dieser Begegnung entspinnende Beziehung zwischen den beiden als „reichlich unpassend“ zu bezeichnen wäre noch höflich, besteht doch ein andauerndes Lauern, ein Intressenkonflikt der delikatesten Art. Doch beide können nicht voneinander Abstand halten…
Tja, was soll ich also sagen? Ich bin ein Mensch, der bei TV-Serien oder Filmen immer recht zeitig weiß, wer was war, was und wie passieren wird und somit oft seltener die Überraschung oder die Spannung fühlt, die die anderen erleben. Umso glücklicher bin ich, wenn ein Buch es schafft, mich wirklich hinters Licht zu führen und das hat „Die hohe Kunst des Bankraubs“ geschafft. Sagenhaft gut!
Die Rollen sind von Anfang an klar: Sie ist die „Gute“, er ist der „Böse“, sie dürfen nicht zusammen kommen, wollen es aber doch. Schön, klassisch, gut. Es gibt also in dieser Hinsicht zunächst kaum Unklarheiten. Allerdings entstehen natürlich zweifelhafte Grenzsituationen, denn wie gut ist eine Polizistin, wenn sie in einer laufenden Ermittlung mit dem flüchtigen Tatverdächtigen einen Drink nimmt?
Wirklich im Ungewissen bleibt dafür aber die ganze Zeit das Was und das Wie. Eine Illusion jagt die nächste, eine Täuschung ist schöner als die andere und die Auflösungen sind nie fade oder irreal sondern meist so fantastisch einfach und naheliegend, dass man sie einfach übersehen hat. Denn wie Jarry – die Hauptfigur – verrät das Buch stets bereits alles und sagt doch nichts, bis man an die entsprechende Stelle gelangt, wo plötzlich alles einen Sinn ergibt. Großartig!
Auch sprachlich ist das Buch äußerst amüsant. Sieht man über einige derbe Ausdrücke und Szenen hinweg, die dem eigentlichen Metier des Autors geschuldet sind, und überliest man die eine oder andere Anspielung, die wohl nur eingeweihten Schotten etwas sagen, bewegt sich der Roman in einem ansprechenden und witzigen Gefilde, das sich sehr gut in einem Rutsch weglesen lässt. Und bis auf einige seltsame Zwischeneinschübe und dem für mich zunächst noch etwas unverständlichem, langen Vorgeplänkel (welches sich im Nachhinein jedoch als entscheidend herausstellt!), hat das Buch keine Längen und alles löst sich schließlich auf. Fäden, die anfangs verwirrend lose dalagen, werden am Ende alle wieder zusammengeführt, ohne im Friede-Freude-Eierkuchen-Land zu landen.
Mein Fazit: Himmel Herr Gott, kauft euch dieses Buch, leiht es euch aus oder kriegt es irgendwie anderweitig her – aber ich bin der Meinung, es lohnt sich auf jeden Fall! Ich bin lange nicht mehr so schön in die Irre geführt worden. Alakazammy, stairheid rammy!
Die harten Fakten:
Christopher Brookmyre – Die hohe Kunst des Bankraubs
14,99 €
erschienen im Galiani Berlin Verlag
ISBN: 978-3-86971-077-8
Ich
bedanke mich an diese Stelle bei der PR-Stelle des Galiani Berlin Verlags
für das kosten- und bedingungslose Rezensionsexemplar!
Also – das Cover würde mich ja wirklich abschrecken (und der Name der Hauptperson, wer heißt schon Angelique de Xavia? o.O), aber Mensch, so begeistert hab ich dich lang nicht erlebt. *g*
Vielleicht … wenn ich mal leerlauf habe, leihe ich mir das Buch mal von dir. 😉
*hihi Ja, also der Name von ihr war für mich eigentlich auch so ein Ding, das ging gar nicht ^^; Ich habe ihn dann geflissentlich ignoriert *gg (hat wohl was mit ihrem gemischtethnischen Hintergrund zu tun, glaub ich …)
Und das Cover bzw. allein die Tatsache, dass da Clowns am Anfang auftreten wäre für mich eigentlich auch ein Grund gewesen, das ganze in die ecke zu pfeffern – aber wie gesagt, irgendwie war's absolut cool ^^
Ich leih dir das gerne aus – aber ich könnte mir auch vorstellen, dass es vllt nicht ganz dein Humor ist. Aber wie gesagt, gerne gerne, ich hatte viel Spaß beim Lesen *hihi ^^